Konflikte

Mobbing im Beruf

Eine unsachliche Kritik, ein sinnloser Auftrag, ein beleidigender Chef: Wer mobbt, übt systematisch Druck aus. Darunter leiden nicht nur die Opfer, sondern am Ende auch die Unternehmen.

Von Andrea Böhnke, Johanna Böhmke

Mit System Druck aufbauen

Nicht jede Auseinandersetzung mit den Kollegen ist Mobbing. Forscher gehen davon aus, dass Schikanen und Diskriminierung im Beruf dann als Mobbing zu bezeichnen sind, wenn diese systematisch erfolgen, das heißt, gezielt und über einen längeren Zeitraum.

Das Mobbing verläuft nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) typischerweise in vier Phasen.

Ein Mitarbeiter verschränkt die Arme, zwei Frauen sprechen über ihn.

Wenn die Kollegen einen ausgrenzen

Die vier Phasen des Mobbings

Phase 1: Zu Beginn steht ein ungelöster Konflikt. Die Kollegen oder der Vorgesetzte weisen dem Betroffenen die Schuld zu.

Phase 2: Der Konflikt gerät relativ schnell in den Hintergrund. Die Kritik richtet sich nicht mehr auf die Sache, sondern auf die Person. Das Mobbingopfer wird zur Zielscheibe. Die Kollegen grenzen den Betroffenen aus. Dieser verliert zunehmend an Selbstbewusstsein.

Phase 3: Die Situation eskaliert. Der betroffene Mitarbeiter leidet unter den Umständen so sehr, dass er sich kaum mehr auf seine Arbeit konzentrieren kann. Ihm unterlaufen Fehler. Diese erwecken den Eindruck, der Mitarbeiter sei für seine Aufgaben nicht mehr geeignet. Der Vorgesetzte mahnt ihn ab, versetzt ihn in eine andere Abteilung oder droht gar mit der Kündigung.

Phase 4: Der Gemobbte ist mürbe geworden, wird gekündigt oder hängt selbst den Job an den Nagel.

Eine ausführliche Beschreibung von Mobbing am Arbeitsplatz findet sich in der Broschüre "Wenn aus Kollegen Feinde werden – Der Ratgeber zum Umgang mit Mobbing" der BAuA.

Das Mobbing macht krank

Oft leiden die Betroffenen unter Schlafstörungen, körperlichen Schmerzen und Depressionen. "In späteren Phasen kann es auch zu schweren, ernsthaften und chronischen Erkrankungen der Betroffenen kommen", sagt Bärbel Meschkutat, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Mobbing-Report 2002 mitwirkte.

Mobbing kann die Betroffenen in die Sucht treiben, im schlimmsten Fall zur Selbsttötung führen. Hört der Gemobbte auf zu arbeiten, kann das Auswirkungen auf sein Privatleben haben. Er gerät in die Arbeitslosigkeit, kann weder seine Miete zahlen noch den Lebensstandard halten. Er verliert den Kontakt zu Freunden.

Die Studie ist die erste und einzige repräsentative Untersuchung übers Mobben am Arbeitsplatz in Deutschland. Von den Befragten gab jeder Dritte an, aufgrund anhaltender Schikanierungen am Arbeitsplatz länger erkrankt zu sein. Seit 2002 hat die Forschungsanstalt keine weitere Mobbingstudie in Auftrag gegeben.

Von hundert Arbeitnehmern wurden zwischen vier und fünf in den vergangenen zwölf Monaten gemobbt. Das hat eine Umfrage der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound) von 2010 ergeben. Die Autoren der Studie haben fast 44.000 Menschen in 34 Ländern Europas befragt. Etwa 2000 der Befragten stammten aus Deutschland.

Ein Mann hält sich die Schläfen, ihm ist schwindelig und er sieht doppelt.

Mobbing macht krank

Die Schikanen schaden der Wirtschaft

Das Mobbing am Arbeitsplatz schadet jedoch nicht nur dem Betroffenen, es schadet auch dem Unternehmen, in dem gemobbt wird. Die Betroffenen sind häufiger krankgeschrieben. Ihre Motivation sinkt. Müssen neue Mitarbeiter eingearbeitet werden, entstehen dadurch Kosten.

Die Mobbing-Fehltage kosten die Unternehmen in Deutschland 2,3 Milliarden Euro im Jahr, errechneten Wissenschaftler am Institut für Markt- und Sozialforschung 2007.

Wege aus der Abwärtsspirale

Haben die Schikanen und Beleidigungen gerade erst begonnen, können die Betroffenen versuchen, sich selbst zu helfen. Sie können mit den Kollegen, von denen die Schikanen ausgehen und mit anderen Unbeteiligten sprechen, um nach einer Lösung für den Konflikt zu suchen.

Führt das zu nichts, ist es eventuell ratsam, sich Hilfe von Dritten zu holen. Mögliche Ansprechpartner finden sich in der Familie und im Bekanntenkreis. Im Unternehmen können dies etwa der Betrieb- und Personalrat oder die Geschäftsleitung sein. Professionelle Hilfe bieten auch Gewerkschaften und spezielle Selbsthilfegruppen an.

Auch Unternehmen können aktiv werden: Sie können ihre Mitarbeiter durch Schulungen auf das Problem aufmerksam machen, Vertrauenspersonen benennen und Entscheidungen innerhalb des Betriebs transparent kommunizieren.

Ein Mann zeigt eine Kontakt-Karte des Mobbing Competence Centers.

Sich aktiv gegen Mobbing wehren

Wer mobbt, macht sich strafbar

In einigen EU-Staaten wie Schweden oder Frankreich gibt es ein spezielles Anti-Mobbinggesetz. In Deutschland fehlt bislang eine klare Regelung durchs Gesetz. Verboten ist Mobbing aber auch hier. Es ist sogar strafbar, da es gegen das Grundgesetz verstößt.

Der Gemobbte kann sich vor Gericht gegen seine Peiniger zur Wehr setzen, wenn diese ihn beleidigen, verleumden oder ihm übel nachreden. Seit 2006 können sich Betroffene auf das Allgemeine Gleichstellungsgesetz berufen, wenn sie zum Beispiel wegen ihres Alters oder ihrer Religion diskriminiert werden.

Den Betroffenen fällt es häufig schwer, das Fehlverhalten der anderen konkret zu benennen. Wer sich wehren will, protokolliert daher die Vorfälle am besten, etwa indem er ein Mobbingtagebuch führt. Die E-Mail, in denen der Chef ausfallend wird, sollte der Betroffene aufbewahren. Und vielleicht gibt es Zeugen für bestimmte Vorfälle.

(Erstveröffentlichung 2013. Letzte Aktualisierung 13.11.2018)

Quelle: WDR

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