Wie viel Mühe die Herstellung von Brot unsere Vorfahren kostete, ist vielen unbekannt. In der Steinzeit wurde Körnerbrei auf heißem Stein getrocknet, was einen flachen Fladen ergab. Das waren die Vorläufer des gebackenen Brotes.
Später, in der Jungsteinzeit, benutzten die Menschen dann ein mit Lehm beschmiertes Weiderutengeflecht als Backofen. Im alten Ägypten gab es schließlich die ersten großen Backbetriebe. Dort wurden Fladen auf die heiße Innenseite des Ofens geklebt.
Vom Stellenwert des Brotes
Es sind mittlerweile mehr als 20.000 Ausstellungsstücke aus verschiedenen Kulturen, die die Entwicklungsgeschichte des Brotes im Ulmer Museum für Brotkultur erzählen. Diese Dimension konnten die Initiatoren wohl selbst kaum erahnen. Damals, vor mehr als 50 Jahren, als Vater und Sohn die Idee hatten, den langsam in Vergessenheit geratenen Stellenwert des Brotes wieder herzustellen.
Es war die Zeit des Wirtschaftswunders, als die Deutschen sich anderen Gaumenfreuden hingaben. Wie sehr sie noch wenige Jahre zuvor eine Scheibe Brot geschätzt hatten, schienen sie aus ihrem Gedächtnis verbannt zu haben. Dem wollten der Ulmer Unternehmer Willy Eiselen und sein Sohn Hermann Eiselen etwas entgegensetzen.
Deshalb gründeten sie im Ulmer Salzstadl das "Deutsche Brotmuseum". Ein Museum, wie es so kein zweites auf der Welt gab. Ein etwa 360 Jahre altes Renaissancegebäude, das bis ins 19. Jahrhundert noch als Lagerhaus genutzt wurde, funktionierten sie zum Museum um.
Kurz nach der Jahrtausendwende, 2002, wechselt der Name in "Museum der Brotkultur". Diese Bezeichnung trifft den Kern der Ausstellung besser, denn es handelt sich hier nicht um ein Brot- oder Bäckereimuseum. Die Thematik wird weit umfassender aufgearbeitet.
Von der Steinzeit bis in die Gegenwart
Auf 1150 Quadratmetern, die sich über drei Stockwerke erstrecken, sind rund 700 Zeitzeugnisse verteilt, die den Besuchern dauerhaft zugänglich sind. Sie umfassen Getreide und dessen Anbau, berichten von der technischen Entwicklungsgeschichte des Kornmahlens oder geben die kulturelle Bedeutung des Brotes wieder.
Natürlich wird auch der Historie des Bäcker- und Müllerhandwerks besondere Beachtung geschenkt. Die Besucher erfahren beispielsweise, dass Bäcker in einer römischen Großbäckerei gleichzeitig auch Müller waren. Und dass im alten Rom Sklaven und Gefangene in der Mühle besonders schwer schuften mussten.
Historische Bäckerei im Museum
Selbstverständlich darf ein wichtiges Utensil des mittelalterlichen Bäckers, sein Horn, nicht fehlen. Damit signalisierte er, dass sein Brot fertig war und nun die Frauen ihre Kuchen backen konnten, um die Resthitze des Ofens zu nutzen. Sogar eine Backstube aus der Zeit der letzten Jahrhundertwende wurde im Ulmer Museum der Brotkultur nachgebaut.
Der Blick wird aber nicht nur in die Vergangenheit gerichtet. Die Welternährungslage ist gleichsam ein Kapitel, dem sich das Spezialmuseum widmet, um ein kritisches Bewusstsein beim Besucher zu schaffen.
Die Betreiber gehen selber mit gutem Beispiel voran: Etwa ein Drittel der Erträge kommt wissenschaftlichen Projekten zugute, mit denen der Hunger in der Welt bekämpft werden soll.
Quelle: SWR | Stand: 30.03.2020, 08:33 Uhr