Rudolf Steiner
Anthroposophie
Rudolf Steiner war Schriftsteller und Vortragsredner und prägte mit seinen Gedanken verschiedene Lebensbereiche. Um 1902 entwickelte er eine Theorie, die er "Anthroposophie" nannte, auf Deutsch: "Weisheit vom Menschen". Sie geht davon aus, dass es neben der sichtbaren, materiellen Welt auch eine unsichtbare, geistige Welt gibt.
Von Jana Magdanz
Rudolf Steiner selbst hielt die Anthroposophie für eine Wissenschaft. Es handelt sich aber eher um eine Weltanschauung – also um einen Erklärungsversuch dafür, warum die Welt so ist, wie sie ist, wie sie funktioniert und welche Aufgaben der Mensch in der Welt habe. Rudolf Steiner hat darauf hingewiesen, dass seine Lehren nicht allein durch den Verstand erfasst werden können, sondern eine innere geistige Entwicklung erfordern.
Die Anthroposophie hatte von Anfang an das Ziel, das zu erforschen, was man ihrer Lehre nach nicht sehen oder messen kann: also zum Beispiel geistige Wesen oder die unsichtbaren Anteile eines Menschen. Damit sind nicht die inneren Organe gemeint, sondern eine Art Energiefelder im und um den Körper herum, die Rudolf Steiner nach eigenen Angaben wahrnehmen konnte. Steiner war davon überzeugt, dass man durch Übung und Meditation das eigene Denken und Empfinden so schulen kann, dass Übersinnliches erfahrbar wird.
Ein Beispiel für eine solche Übung: Man soll einen Gegenstand, zum Beispiel eine Blume, für eine ganze Weile betrachten und nur das aufnehmen, was man wahrnimmt, ohne dass Gedanken versuchen, die Blume einzuordnen und zu beurteilen. Eine andere wichtige Übung ist die abendliche Rückschau auf den Tag: Dabei geht man die Ereignisse des Tages rückwärts bis zum Aufstehen durch, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie unsere Taten, Gedanken und Gefühle zusammenhängen.
Eine Blume einfach nur betrachten, nicht bewerten
Die Anthroposophie ist weder Religion noch Glaube. Sie fasziniert aber viele Menschen, die sich auch für das Übersinnliche interessieren. Die Anthroposophie ist also eine Bewegung, die nach Verbindungen sucht zwischen sichtbarer und ihrer Auffassung nach unsichtbarer Welt.
Schon zu Rudolf Steiners Lebzeiten vor mehr als 100 Jahren gab es viele Anfeindungen und Kritik. Es wurde ihm von Seiten der Kirche vorgeworfen, dass er "schrecklichsten Aberglauben" betreibe und Religionsfeindlichkeit verbreite. Dabei wollte Steiner den Glauben an Gott nicht bekämpfen. Er wollte vielmehr jeden einzelnen Menschen ermutigen, den Glauben an Gott in sich selbst zu finden. Er kritisierte die Kirchen, weil die Menschen seiner Meinung nach dort nur die Regeln befolgen würden und nicht selbst denken müssten.
Der Anthroposophie geht es nicht nur um Theorie, sie ist sehr praxisorientiert: Bis heute behandeln viele Ärztinnen und Ärzte ihre Patienten mit anthroposophischer Medizin und Bauernhöfe beackern den Boden nach Steiners Regeln. Auch seine zahlreichen Bücher und rund 6000 Vorträge inspirieren viele Menschen bis heute.
(Erstveröffentlichung 2024. Letzte Aktualisierung 12.12.2024)
UNSERE QUELLEN
- Vortrag Rudolf Steiners: "Was wollte das Goetheanum und was soll die Anthroposophie?"
- Gesamtausgabe Vorträge von Rudolf Steiner
- Anthroposophische Gesellschaft in Deutsschland: "Was ist Anthroposophie?"
- Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland: "Anthroposophie gegen Rassimus"
- Freie Hochschule für Geisteswissenschaft und Sitz der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft: "Zahl der Anthroposophischen Gesellschaft weltweit"
Quelle: WDR