Ein blaues Schild mit der Aufschrift "Waldorfkindergarten"

Rudolf Steiner

Waldorfpädagogik

Die Waldorfschule ist eine besondere Schulform. Die Idee geht zurück auf den Schriftsteller und Vortragsredner Rudolf Steiner.

Von Jana Magdanz

Die Waldorfpädagogik

Die Waldorfschule ist eine besondere Schulform, in der zum Beispiel keine Noten vergeben werden.

Als die erste Waldorfschule 1919 in Stuttgart gegründet wurde, wollte Rudolf Steiner allen Kindern eine gute Schulausbildung ermöglichen – unabhängig davon, aus welcher Familie sie kamen oder wie begabt sie waren. Heute müssen Familien an den Waldorfschulen zwar Schulbeiträge zahlen, diese sind aber meist vom Einkommen der Eltern abhängig, so dass sich jeder den Schulbesuch leisten kann.

Keine Noten und kein Sitzenbleiben

Rund 1300 Waldorfschulen und Rudolf-Steiner-Schulen gibt es in 70 Ländern weltweit, 250 davon in Deutschland (Stand 2024). Hier lernen Kinder und Jugendliche von der ersten Klasse bis zum Schulabschluss in Jahrgangsklassen zusammen. Niemand kann sitzenbleiben und Noten gibt es auch nicht. Nur die Abschlusszeugnisse – für den Hauptschulabschluss, den Mittleren Schulabschluss und das Abitur – enthalten Noten. Ansonsten bekommt jedes Kind ein Text-Zeugnis, in dem beschrieben wird, wie es sich verhalten hat und was es noch besser machen kann.  

Kritiker halten das für falsch: Sie glauben, dass Waldorfschüler dadurch nicht ausreichend auf die Welt und das spätere Berufsleben vorbereitet würden und dass eine Schule ohne Noten dazu führt, dass die Kinder sich nicht anstrengen.

Waldorfschulen legen großen Wert darauf, dass Kinder sich in allen Bereichen entwickeln – nicht nur im Kopf, sondern auch im Herzen und mit den Händen. Deswegen gibt es neben den üblichen Fächern wie Deutsch, Englisch und Mathematik auch Unterricht zum Beispiel in Gartenbau, Schmieden und Steinmetzen. Diese Fächer stehen in allen Waldorfschulen auf dem Lehrplan

Das Waldorf-Schulfach Eurythmie

Rudolf Steiner war zwar Gründer der Waldorfschulbewegung, aber kein Pädagoge. Seine Frau, eine Schauspielerin und Künstlerin, unterstützte ihn bei der Entwicklung des Waldorf-Lehrplans. Bis heute gehört es zum Schulalltag, dass Waldorfklassen gemeinsam Theaterstücke erarbeiten und aufführen.

Auch der so genannte Eurythmie-Unterricht ist Teil des Lehrplans. Eurythmie heißt übersetzt "schöne Bewegung", Steiner nannte sie eine "Bewegungskunst". Dabei werden mit dem Körper Sprache und Musik in Bewegung umgesetzt. Der Körper wird gewissermaßen zur Stimme, während Musik erklingt oder jemand ein Gedicht vorträgt.

Daher stammt auch die scherzhaft gemeinte Frage, die Waldorfschüler oft gestellt bekommen: Kannst du deinen Namen tanzen? Für jeden Buchstaben gibt es bestimmte Bewegungen. Namen tanzen Waldorfschülerinnen und -schüler aber nicht. Sie erzeugen mit farbig-wallenden Gewändern und Seidenschleiern Stimmungen auf der Bühne.

 Eurythmie-Vorführung auf der Bühne des Goetheanums in Dornach (Schweiz)

Eurythmie-Vorführung im Goetheanum

Waldorf und Montessori – zwei unterschiedliche Schulsysteme

Auf den ersten Blick ähnelt die Waldorf-Pädagogik den Ideen der italienischen Erziehungswissenschaftlerin Maria Montessori. Beide Erziehungsformen stellen das Kind und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt. Beide befürworten das Lernen ohne Leistungsdruck, weitgehend ohne Schulbücher. In beiden Schulformen können alle staatlichen Schulabschlüsse erreicht werden – vom Hauptschulabschluss bis zum Abitur. 

Aber es gibt auch Unterschiede: Während Kinder in Montessori-Schulen oft in Kleingruppen und Freiarbeit lernen, gibt es an der Waldorfschule meist Frontalunterricht. Die Montessori-Methode befürwortet inklusives Lernen – also den gemeinsamen Unterricht für Kinder mit und ohne Behinderungen. Dagegen gibt es im Waldorfbereich für Kinder mit Behinderung eigene Einrichtungen.

(Erstveröffentlichung 2024. Letzte Aktualisierung 12.12.2024)

Quelle: WDR

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