Vor der U-Bahn waren die Sänften
Früh begann in Berlin die Geschichte des öffentlichen Personennahverkehrs. Im 17. Jahrhundert, so die Geschichtsschreiber, gab es in Berlin bereits Sänften, die die betuchte Kundschaft von A nach B brachten. Die hielten sich aber nicht lange.
Im 18. Jahrhundert folgte dann eine Fiakergesellschaft, die allerdings nach knapp 60 Jahren den Betrieb wieder aufgab. Das nachfolgende Berliner Droschkenunternehmen des Dessauer Pferdehändlers Mortier brachte wieder Mobilität in die Stadt.
Es folgten Pferdeomnibusse, die noch mehr Berliner befördern konnten. Mit der Elektrifizierung Berlins zwischen 1896 und 1902 kam auch die Straßenbahn und wurde schnell zum beliebtesten Verkehrsmittel der jungen deutschen Hauptstadt.
Um 1900 fuhren in Berlin noch Pferdebahnen
1902: Startschuss für Berlins U-Bahn
Am 18. Februar 1902 fuhr dann in Berlin endlich die erste U-Bahn Deutschlands. Rund elf Kilometer lang war die Strecke und beförderte die Fahrgäste vom Stralauer Tor zum Potsdamer Platz. Gebaut von Siemens, seinem Mitgesellschafter Halske und der Deutschen Bank. Der erste Fuhrpark bestand aus 42 Trieb- und 20 Beiwagen.
Zunächst waren die Wagenkästen noch aus Holz, später wurden sie durch Stahlkonstruktionen ersetzt. Die Wagen waren knapp 13 Meter lang, 2,30 Meter breit und gehörten zum Typ Kleinprofilbahn. Jeder U-Bahnzug hatte 122 Sitzplätze und konnte insgesamt etwa 210 Personen befördern.
Obwohl sie als ein Fortbewegungsmittel für die ganze Bevölkerung gedacht war, machte der Klassenunterschied auch vor der U-Bahn nicht halt. Wer es sich leisten konnte, fuhr bequem gepolstert in den ersten beiden Klassen – wer nicht, auf Lattenrosten in der dritten.
Im Fünf-Minuten-Takt beförderte die neue U-Bahn ihre Fahrgäste. Heute ist sie darauf angelegt, im 90-Sekunden-Takt zu fahren, auch wenn sie das in der Regel nicht tut. Rund 1,4 Millionen Passagiere nutzen die Berliner U-Bahn an Werktagen.
1896 startete der Bau der U-Bahn
1924: Die Großprofilbahn kommt
Am 2. Dezember 1912 begann der Bau der ersten Großprofilstrecke von der Seestraße zur Gneisenaustraße. Ein neues Zeitalter für die Berliner U-Bahn begann. Die Tunnel wurden breiter gebaut als zuvor. Es konnten nun statt der 2,36 Meter breiten Züge die 2,65 Meter breiten Wagen eingesetzt werden.
Außerdem wurde die Stromschiene endlich von unten statt von oben gegriffen, was für mehr Sicherheit sorgen sollte. 1923 war die Großprofilstrecke dann fertig.
Nur ein kleines Problem galt es noch zu bewältigen: Es gab noch keine Großprofilfahrzeuge. Zu diesem Zeitpunkt litt Deutschland unter der Inflation.
Einfallsreich fand man eine praktische Übergangslösung. Es wurden vorübergehend 24 Kleinprofilfahrzeuge mit so genannten "Blumenbrettern", also längeren Türschwellen gebaut, zum Ausgleich für den jetzt größeren Abstand zur Bahnsteigkante.
Am 31. Dezember 1924 war es dann aber doch soweit: Die ersten 68 Großprofilfahrzeuge wurden eingesetzt. Wegen der ovalen Stirnfenster hießen die ersten Wagen im Volksmund "Tunneleulen". Zwei Jahre später folgen die Prototypen der 18 Meter langen Wagen. Wegen ihrer Länge waren sie damals eine Sensation.
1930 wurden für die Berliner U-Bahn die ersten Fahrzeuge mit einem Leichtmetall-Kastenaufbau gefertigt. Die Seitenwände und das Dach waren aus Aluminium. Diese Züge fuhren noch bis 1975. Die Gewichtsersparnis gegenüber der Normalausführung betrug etwa vier Tonnen.
Fahrschein aus den ersten Betriebsjahren
Krieg und Neubeginn
Die technische Entwicklung der Berliner U-Bahn wurde durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen. Die schweren Luftangriffe auf Berlin hatten auch die U-Bahn stark in Mitleidenschaft gezogen. Viele Wagen wurden zerstört, manche Bahnhöfe waren nur noch Ruinen. Viele Menschen benutzten die U-Bahn-Tunnel als Schutz vor weiteren Luftangriffen.
Zum Stillstand kam die U-Bahn aber so gut wie nie. Die Streckenabschnitte, die noch befahrbar waren, wurden auch im Krieg weiter benutzt.
Direkt nach dem Krieg gingen einige Wagen als Reparationsleistung an die Sowjetunion und fuhren in Moskau bis 1965. Viele der beschädigten Wagen wurden von den neuen Berliner Verkehrs-Betrieben (BVG) repariert, modernisiert und automatisiert.
Berliner Ruinen nach dem Krieg
Mauerbau und Wende
Mit dem Bau der Berliner Mauer 1961 wurden die Ost-Berliner U-Bahnhöfe gesperrt. Die Züge durften zwar weiterhin durch die Transitstrecke fahren, ein Halt an den Bahnhöfen war aber von der Regierung der DDR verboten worden.
Um einen symbolischen Halt zu signalisieren, durften die Züge auf Anweisung der "Berliner Verkehrsbetriebe BVG" in den Bahnhöfen nur mit maximal 15 Kilometer pro Stunde, später 30 Kilometer pro Stunde fahren. Die Linie U2 wurde getrennt.
Nach der Wende und der deutschen Wiedervereinigung wurden die Ost-Berliner U-Bahnhöfe der Linien U6 und U8 nach und nach wieder eröffnet. Außerdem wurde die getrennten Linien A und U2 nach Aufbauarbeiten wieder zusammengeschlossen.
Berlins U-Bahn heute
Die Berliner U-Bahn gehört noch immer zu den größten Untergrundbahnen der Welt. Sie hat eine Streckenlänge von fast 150 Kilometern und verbindet 170 Stationen. 2009 kam eine weitere Linie hinzu: die U55, auch "Kanzler-U-Bahn" genannt.
Die nur 1,8 Kilometer lange Strecke verbindet das Brandenburger Tor mit dem Hauptbahnhof – mit einem Zwischenhalt am Bundestag.
Berliner U-Bahn: Haltestelle Bundestag
(Erstveröffentlichung 2003. Letzte Aktualisierung 17.08.2020)
Quelle: WDR