Holzschnitt aus dem 16. Jahrhundert: Ablasshändler verkaufen gegen Geld Ablassbriefe

Martin Luther

Ablasshandel

Um das Jahr 1500 verkaufte die katholische Kirche so genannte Ablassbriefe. Sie sollten den Gläubigen nach dem Tod die Zeit im Fegefeuer verkürzen. Der Reformator Martin Luther warf der Kirche vor, mit der Angst der Menschen Geschäfte zu machen.

Von Carsten Günther

Was passiert mit unserer Seele, wenn wir sterben? Und wie können wir den Strafen für unsere Sünden entgehen? Diese Fragen stellten sich die Menschen im Mittelalter, in ständiger Furcht vor der Strafe Gottes.

Damals glaubten viele, dass sie nach dem Tod zunächst in das Fegefeuer kommen würden. Damit war eine Art Zwischenstation gemeint, in der die Menschen von ihren Sünden gereinigt wurden, bevor sie in den Himmel oder in die Hölle kamen. Je mehr man im Leben gesündigt hatte, umso länger müsse man angeblich im Fegefeuer verbringen.

Gemälde "Die Seelen im Fegefeuer" in der französischen Kirche Saint-Nicolas de Véroce

Die Menschen des Mittelalters hatten Angst vor dem Fegefeuer

Im 11. Jahrhundert erfand die katholische Kirche ein Mittel, mit dem diese Zeit angeblich verkürzt werden konnte: den so genannten Ablass. Diese kirchliche Begnadigung galt zunächst für diejenigen, die an Kreuzzügen oder Wallfahrten teilnahmen. Im Laufe der Zeit wurde der Ablass aber auch gegen Geld angeboten. Wer genug zahlte, konnte seine Sündenstrafen verkleinern.

Auch für bereits verstorbene Menschen konnte man nachträglich Ablässe kaufen. Mit dem eingenommenen Geld finanzierten die Geistlichen ihr luxuriöses Leben und ließen Kirchen bauen oder renovieren. Die berühmteste davon ist der Petersdom in Rom, der Sitz des Papstes.

Petersdom mit Kuppel

Auch der Petersdom wurde mithilfe des Ablasshandels finanziert

Anfang des 16. Jahrhunderts zogen Ablasshändler von Stadt zu Stadt. Wie Marktschreier bewarben sie im Namen der Kirche ihre Ablassbriefe, die in großer Stückzahl gedruckt wurden. Das machte auch der neuartige Buchdruck möglich, den Johannes Gutenberg um 1450 erfunden hatte.

Einer dieser Ablassprediger war der Mönch Johann Tetzel. Er bot sogar Ablassbriefe für künftige Sünden an, die noch gar nicht begangen waren. Ihm wird auch der Satz zugeschrieben: "Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer in den Himmel springt."

Die Hälfte der Einnahmen wurde für den Bau des Petersdoms nach Rom geschickt, die andere Hälfte teilte sich Tetzel mit dem Magdeburger Erzbischof Albrecht von Brandenburg. Der war gleichzeitig auch Erzbischof von Mainz. Dieses Amt hatte er sich beim Papst erkauft und dafür hohe Schulden bei den Fuggern aufgenommen, einer Augsburger Kaufmanns- und Bankiersfamilie.

Tetzel und andere Ablassprediger verwahrten das gesammelte Geld in großen Holzkisten mit Eisenbeschlägen. Einige wenige dieser Ablasskästen, die auch Tetzelkästen genannt werden, sind heute noch erhalten, etwa in Braunschweig, Görlitz, Jüterbog, Wittenberg oder im Magdeburger Dom.

Alte Holzkiste mit Eisenbeschlägen und einem Schlitz für Geldmünzen

Ablasskasten im Lutherhaus in Wittenberg

Die Aktivitäten Tetzels waren der Auslöser dafür, dass Martin Luther seine 95 Thesen formulierte und damit seine harte Kritik an der römischen Kirche ausdrückte. Papst Pius V. ließ den Ablasshandel schließlich verbieten. 1570 ordnete er an, dass alle, die mit Ablässen handelten, aus der kirchlichen Gemeinschaft ausgeschlossen werden sollten.

Das Fegefeuer ist auch heute noch Teil der katholischen Kirchenlehre. Allerdings werden die Flammen nur noch symbolisch gesehen, als einen Prozess der inneren Reinigung der Seele nach dem Tod.

(Erstveröffentlichung 2024. Letzte Aktualisierung 08.08.2024)

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Quelle: WDR

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