Martin Luther
Die 95 Thesen von Martin Luther
Im Jahr 1517 kritisierte Martin Luther öffentlich den Papst und den katholischen Ablasshandel, der seiner Ansicht nach ein Geschäft mit der Angst der Menschen war. Damit begann das Zeitalter der Reformation und die evangelische Kirche entstand.
Von Carsten Günther
95 Thesen – also Behauptungen oder Argumente – verfasste Martin Luther 1517 und schickte sie handschriftlich in einem Brief an mehrere Bischöfe. Ob er die Thesen tatsächlich auch am 31. Oktober 1517 an die Tür der Wittenberger Schlosskirche nagelte, so wie es seit Jahrhunderten erzählt wird, ist wissenschaftlich nicht belegt.
Möglich wäre es allerdings – denn damals war es üblich, dass man kirchliche Aufrufe, Nachrichten oder wissenschaftliche Streitschriften an Kirchentüren befestigte. Heute würde man Social-Media-Plattformen dazu sagen.
In seinen Thesen wandte sich Luther heftig gegen den Ablasshandel, daher wird seine Schrift auch "Ablassthesen" genannt. Der Ablass war eine Erfindung der katholischen Kirche, mit der angeblich die Zeit im Fegefeuer nach dem Tod verkürzt werden sollte.
Der Ablasshandel war für die Kirche ein einträgliches Geschäft
Luther behauptete, der Ablasshandel habe überhaupt keine Grundlage in der Bibel. Wörtlich schrieb er: "Die Ablassprediger irren, wenn sie Vergebung gegen Geld versprechen. So steigen die Einnahmen der Kirche, aber die Fürbitte ist allein von Gottes Willen abhängig.“
Dagegen solle das ganze Leben des Menschen von Buße, also dem Bereuen der Sünden geprägt sein: "Wer wirklich bereut, hat Anspruch auf völlige Vergebung – auch ohne bezahlten Ablassbrief."
Außerdem fragte er sich, warum der Papst, der damals einer der reichsten Menschen der Welt war, den Bau des Petersdoms nicht von seinem eigenen Geld bezahle.
Mit dem Geld aus dem Ablasshandel wurde ab 1506 der Petersdom gebaut
Ein Original von Luthers handschriftlichen Thesen in lateinischer Schrift ist nicht erhalten. Es gibt aber mehrere Drucke, die in den Jahren danach angefertigt wurden, auch in deutscher Übersetzung.
Obwohl seine Thesen eigentlich nur als Diskussionsgrundlage für Theologen gedacht waren, verbreiteten sie sich als Flugblätter in großem Tempo in ganz Europa. Sie trafen einen Nerv der Zeit, denn die Unzufriedenheit mit den Missständen der Kirche, etwa dem luxuriösen Leben der Priester und Bischöfe, hatte sich bei vielen Menschen schon lange angestaut.
Die Veröffentlichung der 95 Thesen Martin Luthers hatte enorme Sprengkraft und war eines der folgenreichsten Ereignisse in der frühen Neuzeit. Luthers Kritik am Papst und an der römisch-katholischen Kirche erschütterte das Christentum in seinen Grundfesten und führte zur Gründung der evangelischen Kirche.
Heute sind Luthers Thesen in Bronze gegossen am Portal der Wittenberger Schlosskirche zu sehen.
Die 95 Thesen Martin Luthers an der Schlosskirche in Wittenberg
(Erstveröffentlichung 2024. Letzte Aktualisierung 08.08.2024)
UNSERE QUELLEN
- Luther 2017: "Martin Luther – Die 95 Thesen"
- Bundeszentrale für politische Bildung: "Reformation: Luthers Thesen und die Folgen"
- Der Spiegel Geschichte: "Die Reformation. Aufstand gegen Kaiser und Papst". Spiegel-Verlag, Hamburg, Band 6/2015
- Martin H. Jung: "Die Reformation. Wittenberg – Zürich – Genf 1517-1555". Marixverlag, Wiesbaden 2016
Quelle: WDR