Blick über den Roten Platz.

Moskau

Der Rote Platz

Er ist das Herzstück Moskaus und Schauplatz russischer Geschichte: der Rote Platz. Hier handelten vor Jahrhunderten Pelzhändler und Schmiede boten ihre Dienste feil. Der Rote Platz entwickelte sich zu einem Ort pompöser Aufmärsche und Paraden.

Von Martina Schuch

Handel, Paraden und Schauprozesse

Seit 1990 ist der Rote Platz in Moskau Unesco-Weltkulturerbe. Über rund 500 Meter Länge und 150 Meter Breite erstreckt er sich im Herzen der russischen Hauptstadt. Ehemals war an dieser Stelle ein Marktplatz, "torg" (Handelsplatz) genannt. Noch am Ende des 15. Jahrhunderts boten Pelzhändler und Schmiede hier Waren und Dienstleistungen an.

"Roter Platz" heißt auf Russisch "Krasnaja Ploschadch". Ursprünglich wurde das Adjektiv "krasnaja" mit "schön" übersetzt. Der heutige Rote Platz war also der Schöne Platz. Im 14. Jahrhundert aber wandelte sich die Bedeutung des Wortes zunehmend von "schön" zu "rot", und so wurde aus dem Schönen der Rote Platz.

Auf diesem Roten Platz gab es Raum für Paraden, Hinrichtungen und Märkte. Hier lauschte das Volk den neuesten Erlassen des Zaren, zu Sowjetzeiten rollten hier die Panzer. Die Massen feierten die Kommunistische Partei oder hörten die Urteile in den großen Schauprozessen. Es war der Festplatz schlechthin.

Und auch heute finden auf dem Platz Aufmärsche der russischen Armee statt – vorbei am Präsidenten der Russischen Föderation. Auch Events und Feste werden heute auf dem Roten Platz gefeiert, etwa wenn in der Silvesternacht Tausende Moskauer auf das neue Jahr anstoßen.

Der Kreml – Zentrum der Macht

Direkt am Roten Platz liegt der Kreml. Rubinrot strahlen dem Besucher die fünfzackigen Glassterne von den Haupttürmen der russischen Machtzentrale entgegen – von innen beleuchtet.

Ab dem 14. Jahrhundert residierten hier Zaren wie Iwan der Schreckliche und Katharina die Große. Beide vergrößerten den Kreml mit seinen Palästen und Kathedralen in Umfang und Pracht. Genauso wie die Herrscher das Russische Reich im Laufe der Zeit immer größer werden ließen.

"Über der Stadt ist der Kreml, über dem Kreml ist nur Gott", lautet ein russisches Sprichwort. Hinter seinen dicken Regierungsmauern hat der Kreml schon viele Herrscher gesehen: Zaren, Kommunisten, Präsidenten. Heute öffnet er seine Pforten auch teilweise für Besucher. Touristen haben die Möglichkeit, die prächtigen Kirchen und Ikonen auf dem Gelände zu besuchen, ebenso die Rüstkammer mit Zarenkronen und goldenen Kutschen.

Verbotenes Terrain für Touristen ist hingegen der große Kreml-Palast. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Bau nach elf Jahren fertiggestellt. Heute erlauben zum Beispiel Fernsehbilder einen Blick hinein – etwa in den Wladimir- oder den Georgensaal.

Hier hielt die Hofgesellschaft auf spiegelnden Böden prachtvolle Feste ab – in voluminösen Ballkleidern die Frauen, in stattlichen Uniformen die Männer. Auch Sowjetfunktionäre und demokratische Honoratioren tummelten sich hier schon auf Staatsempfängen.

Die Basilius-Kathedrale – dem Kommunismus zum Trotz

Zunächst hieß die berühmte Kathedrale am Roten Platz "Maria Schutz und Fürbitte". Doch der Volksmund wählte den Namen Basilius – gewidmet Basilius dem Seligen, vor allem verehrt vom einfachen Volk. Der Asket galt als verrückt, konnte so aber gefährliche Wahrheiten aussprechen und sogar gegen die Gräueltaten von Iwan dem Schrecklichen wettern.

Die Moskauer sprechen Basilius dem Seligen Wunderheilungen zu. Gelegen am Roten Platz ist die nach ihm benannte Kathedrale mit ihren Kuppeltürmen weltbekannt und gilt als architektonisches Glanzstück.

Türme der Basilius-Kathedrale.

Die Kuppeln der Basilius-Kathedrale sind weltbekannt

Zar Iwan der Schreckliche gab den Auftrag zu ihrem Bau, der 1552 begann. Die acht Kuppeln – kreisförmig um die Hauptkapelle angeordnet – gelten als Symbol für den achten Tag als den Tag, an dem Jesus auferstanden ist. Außerdem symbolisieren sie die entscheidenden acht Schlachten, die Iwan zur Eroberung der Stadt Kasan führte. Aus Anlass dieses Sieges ließ er die Basilius-Kathedrale errichten.

Die Kathedrale überlebte sogar die Versuche der Kommunisten, sie niederzureißen. Der Architekt und berühmte Restaurator Pjotr Baranowski soll sogar mit seinem Leben für ihren Erhalt gekämpft haben: Er hatte den Auftrag, einen Plan für die Zerstörung der Basilius-Kathedrale vorzulegen. Daraufhin soll er sich in der Kirche eingesperrt haben und verlauten lassen, dass er mit in die Luft gesprengt werden wolle. Die Kommunisten ließen von ihrem Vorhaben ab, Pjotr Baranowski allerdings landete bald darauf im Arbeitslager.

Das Lenin-Mausoleum – Gedenken an den Revolutionär

Der russische Revolutionär und Staatsgründer Lenin (1870 geboren als Wladimir Iljitsch Uljanow) wurde nach seinem Tod 1924 zunächst in einem Holzmausoleum bestattet. Erst 1930 wurde sein Leichnam in das heutige Lenin-Mausoleum am Roten Platz umgebettet, ein Mausoleum aus rotem Granit und schwarzem Labradorit.

Lenin gilt als Vorkämpfer und Vordenker des Kommunismus sowie als einer der Anführer der Oktoberrevolution von 1917. Er führte die erste Sowjetregierung an; aus Angst vor einer Rückkehr der Monarchie ließ er zuvor die Zarenfamilie hinrichten. Konterrevolutionäre Kräfte duldete er nicht.

Lenin, im Sarg aufgebahrt.

Der Andrang im Lenin-Mausoleum lässt nach

1924 starb der gesundheitlich stark angeschlagene Lenin nach einem Gehirnschlag, doch viele Russen verehrten den Revolutionär weiter. Zu Sowjetzeiten bildeten sich vor dem Mausoleum lange Menschenschlagen. Die Besucher nahmen stundenlange Wartezeiten in Kauf, Tausende Russen wollten jeden Tag den Vorkämpfer des Kommunismus besuchen.

Mittlerweile hat sich der Andrang gelegt. Das ehemalige kommunistische Idol nehmen die heutigen Moskauer und Russen merklich weniger wahr.

(Erstveröffentlichung 2010. Letzte Aktualisierung 21.09.2018)

Quelle: WDR

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