Zwiebel- oder Lauchartige
Die Speisezwiebel (Allium cepa) ist botanisch der Familie der Zwiebelgewächse oder Lauchgewächse (Alliaceae) zugeordnet. Die Gattung Allium umfasst etwa 260 Arten, darunter so bekannte Speise- und Würzpflanzen wie Speisezwiebeln, Schalotten, Frühlingszwiebeln, Knoblauch, Porree, Schnittlauch und Bärlauch.
Hauptwirkstoffe der Zwiebel- oder Lauchartigen sind die so genannten Sulfide, schwefelhaltige Verbindungen, die ein sehr charakteristisches Aroma besitzen und scharf schmecken. Zwiebelpflanzen sind wissenschaftlich anerkannte Heilpflanzen, sie gehören zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit.
Botanisches Highlight der Menschheitsgeschichte
Bereits vor 5000 Jahren wurden Speisezwiebeln als beliebte Kulturpflanzen quellenkundlich erwähnt. Ihren Ursprung vermutet man heute in Mittelasien, in den Ländern Pakistan, Afghanistan und Iran.
Vor 5000 Jahren wurden nachweislich Zwiebelgewächse in China kultiviert und im alten Ägypten gehörten sie zur fest etablierten Volksnahrung. Eine Inschrift auf der Pyramide von Gizeh belegt, dass den Arbeitern beim Bau der Pyramiden Knoblauch- und Zwiebelrationen zugeteilt wurden, um sie körperlich zu stärken und vor Infektionskrankheiten zu schützen.
Bei der Mumifizierung und Einbalsamierung kam Knoblauch aufgrund seiner antibakteriellen Wirkung zum Einsatz.
Zwiebeln können unterschiedliche Farben und Größen haben
Lautstark beklagen die aus der Gefangenschaft der Ägypter befreiten Israeliten im 4. Buch Mose des Alten Testaments den Verzicht auf Lauch, Zwiebeln und Knoblauch auf ihrem Weg durch die Wüste. Und auch bei den alten Griechen und Römern waren Zwiebeln und Knoblauch als Kulturpflanzen bestens bekannt.
"Stinkende Rose" nannten die Griechen den Knoblauch und die römischen Adligen rümpften die Nase über den penetranten Geruch. Dagegen erfreute sich das Allheilmittel Knoblauch bei den römischen Soldaten hoher Beliebtheit.
Mit den römischen Eroberungen verbreiteten sich die leicht zu kultivierenden Zwiebelgewächse bald über den ganzen europäischen Kontinent. Weltweit gibt es heute kaum noch ein Land oder eine Region, wo kein systematischer Anbau von Zwiebeln und Knoblauch betrieben wird.
Knollen, die es in sich haben
Zwiebelschneiden ist eine tränenreiche Angelegenheit. Und wer ausgiebig Knoblauch verzehrt, stößt in seiner unmittelbaren Umgebung wegen Geruchsbelästigung mitunter unangenehm auf.
Zwiebeln und Knoblauch führen als Gewürz, Lebensmittel oder Heilkraut kein unauffälliges Dasein. Entweder man mag ihren Geschmack, oder man mag ihn – besonders im Falle des Knoblauchs – buchstäblich nicht riechen. Dabei ist Knoblauch wider Erwarten zunächst einmal eine geruchlose Pflanze.
Tatsächlich ist die Knoblauchknolle eine komplexe und wirkungsvoll arbeitende chemische Minibombe. In den Knoblauchzellen sind zwei besondere Inhaltsstoffe eingelagert, die miteinander nicht in Berührung kommen: Die geruchsfreie schwefelhaltige Aminosäure Alliin und das Alliin-spaltende Enzym Alliinase. Wird die Knoblauchknolle beschädigt, etwa durch Fraßschäden in der Natur oder das Zerschneiden der Knoblauchzehen, setzt augenblicklich eine chemische Kettenreaktion ein.
Zwiebelnschneiden – eine tränenreiche Angelegenheit
Die physische Einwirkung des Zerkleinerns setzt das Enzym Alliinase frei, welches auf das Alliin trifft und dieses in das hoch aromatische Allicin umwandelt – eine schwefelhaltige Verbindung, die den typischen Knoblauchgeruch verursacht und zu Tränen reizt.
Alliin verursacht außerdem auch die Tränen beim Zwiebelschneiden. Das in den Zwiebeln enthaltene Alliin wird aufgrund seiner etwas anderen Struktur durch ein anderes Enzym umgesetzt. Dadurch entsteht dann der zu Tränen reizende Stoff Propanthialsulfoxid.
Natürlicher Schädlingsbekämpfer
Das im Knoblauch entstehende Allicin wirkt antiseptisch: Es tötet Bakterien und Keime ab und hält Schädlinge fern. Der Knoblauch verfügt auf diese Weise über ein erfolgreiches, natürliches Abwehrsystem, das Fressfeinde wie Insekten und Nager fernhält. Die Knoblauchknolle wird weder von Maulwürfen noch von unter der Erde lebenden Insekten angeknabbert und hat kaum natürliche Feinde.
Fasziniert beobachteten die Menschen im Laufe der Zeiten den ausgeklügelten Schutzmechanismus der Zwiebelgewächse. Und bald schon sagten sie den beliebten Nutz- und Heilpflanzen magische Kräfte nach.
Knoblauch, hieß es, halte nicht nur Schädlinge fern, sondern Übel, die die Menschheit plagten, darunter auch Dämonen und Vampire, die sich angeblich hervorragend mit Knoblauch bekämpfen ließen. Wahr ist: Wer den Geruch des Knoblauchs nicht fürchtet, verfügt damit über ein umweltverträgliches Insektenbekämpfungsmittel – etwa gegen Motten.
Knoblauch besitzt ein erfolgreiches natürliches Abwehrsystem
Ein Nachteil: die Geruchsbelästigung
Das charakteristische Aroma des Knoblauchs hält nicht nur Schädlinge fern, auch beim Menschen stößt die tolle Knolle von jeher nicht nur auf Liebhaber. Denn wer Knoblauch roh verzehrt, führt seinem Körper zwar hochwertige Kost zu. Doch klassischerweise bleibt der Verzehr nicht unbemerkt – das Allicin ist verantwortlich für die typischen Ausdünstungen des Knoblauchessers.
Nach dem Verzehr wandert Knoblauch in den Magen, und beim Konsumenten steigt der Knoblauchgeruch zunächst über die Speiseröhre auf. Im weiteren Verdauungsverlauf wandert der Knoblauch in den Darm und gelangt von dort aus in den Blutkreislauf, woraufhin er in die Lungenbläschen eingelagert wird. So entsteht die berüchtigte Knoblauchfahne.
Verzehrter Knoblauch fördert entscheidend die Durchblutung des Körpers, dadurch entsteht allerdings eine dritte Komponente der Knoblauchfahne: Der Knoblauchesser sondert das charakteristische Aroma auch noch über die Haut ab.
Petersilie lindert die Knoblauchfahne
Gegen eine echte Knoblauchfahne ist buchstäblich kein Kraut gewachsen. Dennoch kennt der Volksmund ein paar Gegenmaßnahmen, die helfen sollen. Milch, Schokolade oder Kaffeebohnen schaffen den lästigen Knoblauchduft zwar nicht aus der Welt, aber sie sollen den Geruch zumindest kurzfristig übertünchen.
Chlorophyll (Blattgrün) hat geruchsneutralisierende Eigenschaften. So empfiehlt es sich, nach dem Genuss von Zwiebelgewächsen frische Petersilie zu kauen. Wirklichen Nutzen bringt aber auch das nicht, da die Absonderungen des penetranten Aromas buchstäblich aus allen Poren dringen.
Quelle: SWR | Stand: 10.03.2022, 14:39 Uhr