Wie sich Kolkraben verständigen
Planet Wissen. 19.09.2023. 05:51 Min.. Verfügbar bis 19.09.2028. SWR.
Rabenvögel
Der Kolkrabe
Unter den Rabenvögeln ist der Kolkrabe der Größte: Seine Flügelspannweite beträgt mehr als 1,20 Meter, sein Gewicht 1,5 Kilogramm. Der Kolkrabe ist der größte Singvogel der Welt und ein ausgezeichneter Flieger.
Von Harald Brenner
Ein Singvogel, der nicht singt
Das tiefschwarze bis blauschwarze Gefieder, sein klobiger Schnabel, der große Kopf und der keilförmige Schwanz sind typische Merkmale dieser Art. Durch sein tiefes sonores "Kroh-Kroak" kann man den Raben stimmlich gut von der Rabenkrähe unterscheiden.
Von "Singen" kann man allerdings kaum sprechen, aber das gilt für alle Rabenvögel. Dafür ist seine Stimme außerordentlich modulierfähig. Raben können viele Geräusche nachahmen. In Gefangenschaft lernen einige sogar "sprechen".
In freier Wildbahn erreichen Raben ein Lebensalter von etwa 20 Jahren. Der Kolkrabe ist ein Standvogel, das heißt: Er bleibt auch im Winter in seinem Revier und zieht nicht mit den Zugvögeln in den Süden.
Der größte Singvogel der Welt
Verbreitung und Lebensraum
In Sachen Lebensraum ist der Kolkrabe sehr anpassungsfähig. Fast auf der ganzen nördlichen Halbkugel hat er sich Lebensräume erobert. Das liegt an seiner enormen Lernfähigkeit und seiner vielseitigen Ernährung.
Sein Verbreitungsgebiet reicht von der Küste bis ins Hochgebirge, von der Arktis bis in die Wüstenregionen des Nahen und Mittleren Ostens.
In Mitteleuropa hält er sich gerne in aufgelockerten Wäldern mit angrenzenden Freiflächen auf. In den Alpen steigt er in Höhen von 2500 Meter auf, im Himalaja sogar bis zu 6000 Meter.
Der Aasfresser besucht im Winter gerne Mülldeponien, um sich dort mit dem nötigen Futter zu versorgen. Eine Verstädterung ist aber, anders als bei anderen Rabenvögeln, bisher nicht zu beobachten.
Extrem wichtig ist ein ungestörter und geschützter Brutplatz. Ideal sind hohe Bäume, Felsnischen oder technische Strukturen wie hohe Gebäude, Brücken oder Masten.
Nahrung
Der Kolkrabe ist ein vielseitiger Allesfresser. Er bevorzugt Aas, schnappt sich aber auch Wühlmäuse, Fische, Frösche, Reptilien sowie kleinere Vögel und deren Eier. Vereinzelt tötet er Kitze und Lämmer, aber nur solche, die ohnehin geschwächt sind. Für die Aufzucht der Jungen setzt der Vogel hauptsächlich auf Insekten.
Auch pflanzliche Kost verschmäht er nicht. Auf dem Speiseplan stehen vor allem Beeren, Obst und Pilze.
Durch seine Intelligenz und sein hoch entwickeltes Sozialverhalten ist der Kolkrabe beim Nahrungserwerb äußerst erfolgreich. Dabei wurden sehr pfiffige Jagdtechniken beobachtet, zum Beispiel das Fallenlassen von Muscheln oder Schnecken aus großer Höhe, um damit das Gehäuse zu zerstören.
In größeren Gruppen nehmen Raben es auch mit Wölfen und anderen Wildtieren auf, um ihnen durch ihr penetrantes Verhalten die Beute abzujagen. Am Ende zieht der vermeintlich Stärkere entnervt ab.
Besonders bemerkenswert ist die Fähigkeit der Kolkraben, Beute zu verstecken und dabei genau darauf zu achten, dass sie nicht von ihren Artgenossen beobachtet werden.
Immer auf der Suche nach Nahrung
Bestand und Fortpflanzung
Der Kolkrabe wurde zeitweise gnadenlos verfolgt und gejagt. Sowohl Jäger als auch Bauern hielten ihn jahrhundertelang für einen Schädling. In vielen Gegenden Deutschlands ist er deswegen bis heute verschwunden.
Der Tiefpunkt war Anfang des Zweiten Weltkrieges erreicht. Nachdem die Verfolgung ab 1960 eingestellt wurde, kehrten die Kolkraben nach und nach zurück. Trotzdem sind die Bestände in vielen Gebieten Mitteleuropas immer noch gering.
Der größte Feind der Kolkraben ist und bleibt der Mensch. Der Bruterfolg hängt stark von den menschlichen Nachstellungen ab. Besonders gut haben sich die Populationen in den Alpen und in Nord- und Osteuropa entwickelt.
Kolkraben leben monogam und die "Eheanbahnung" kann zwei bis drei Jahre dauern. Hat sich ein Paar gefunden, markiert es sein Revier, um sich gegenüber den Nichtbrütern abzugrenzen.
Kolkraben leben monogam
Kolkraben sind Frühbrüter: Der Nestbau findet schon im Januar oder Februar statt. Das Nest kann beeindruckende Ausmaße annehmen. Oft ist ein Horst einen halben Meter hoch und misst fast einen Meter im Durchmesser. Werden die Nester über mehrere Jahre hinweg benutzt, wachsen sie stetig weiter.
Das Weibchen legt und bebrütet drei bis sechs Eier, meist 18 bis 21 Tage lang. Das Männchen schafft die Nahrung für den Nachwuchs und für die Mutter herbei.
Nach etwa sechs bis sieben Wochen verlassen die Jungen den Horst. Sie sind noch nicht voll flugfähig, beobachten aber bereits mit großem Eifer das Verhalten der Eltern. Die füttern sie bis zu einem Alter von etwa 100 Tagen, dann löst sich die Familie auf. Die Eltern bleiben im Revier, während die Jungvögel auf Wanderschaft gehen.
Quelle: SWR | Stand: 25.03.2020, 17:00 Uhr