- Woraus lässt sich Energie gewinnen?
- Wie können wir Biomasse nutzen?
- Wie funktioniert die Energiegewinnung?
- Vorteile Biomasse
- Nachteile Biomasse
- Maßnahmen, um Probleme zu verhindern
- Wie sinnvoll ist die Nutzung von Biomasse?
- Ausbaufähig: Nutzung von Abfall und Reststoffen
- Wie groß ist das Potenzial von Biomasse?
Woraus lässt sich Energie gewinnen?
Wenn von "Energie aus Biomasse" oder von "Bioenergie" die Rede ist, ist damit die Energiegewinnung aus Pflanzen oder Pflanzenresten gemeint. Diese pflanzlichen Stoffe sind eigentlich gespeicherte Sonnenenergie. Denn es ist die Sonne, durch deren Strahlung Fotosynthese möglich wird und die somit für das Wachstum der Pflanzen sorgt. Energiegewinnung aus Biomasse zählt damit zu den erneuerbaren Energien.
Biomasse gilt als Alleskönner. Denn es gibt unterschiedliche Arten von Rohstoffen, die bioenergetisch genutzt werden können:
- eigens dafür kultivierte landwirtschaftliche Nutzpflanzen wie Mais oder Raps
- schnell wachsende Gehölze
- Abfall- und Reststoffe aus Landwirtschaft, Haushalten und Industrie (beispielsweise Hackschnitzel aus der Holzindustrie, Altfett aus der Lebensmittelherstellung, aber auch Klärschlamm)
Biomasse-Kraftwerk: Auch aus Abfällen lässt sich Energie gewinnen
Wie können wir Biomasse nutzen?
Entsprechend vielfältig sind die Arten der Nutzung:
- als Biogas (meist Methan) zur Strom- und Wärmeerzeugung
- flüssig als Treibstoff aus Pflanzenöl (Biodiesel)
- fest als Pellet oder Scheitholz, ebenfalls zur Wärme- und Stromerzeugung
Mais ist eine von vielen Pflanzen, aus denen Biogas gewonnen wird
Wie funktioniert die Energiegewinnung?
Biogas
Biogas wird in großen Tanks aus Pflanzenteilen gewonnen – etwa aus Resten von Pflanzenteilen, aber auch aus eigens dafür angebauten Pflanzen. In solchen Tanks können auch Gülle und Mist zu Biogas umgewandelt werden, ebenso wie Biomüll.
Spezielle Bakterien sind für den Gärprozess zuständig: Unter Ausschluss von Sauerstoff bauen sie die Biomasse ab. Dabei entstehen Gase, etwa Faulgase und Methan. Genutzt wird vor allem das Methan. Es kann so aufbereitet werden, dass es Erdgas-Qualität hat, dann kann es in die Erdgas-Leitungen eingespeist werden und den fossilen Rohstoff ersetzen.
Verbrennt man das Biogas, lässt sich über Turbinen Strom erzeugen. Die Abwärme, die dabei entsteht, kann ebenfalls genutzt werden – zum Heizen von Wohnhäusern oder Schwimmbädern zum Beispiel. Die Gärreste lassen sich als Dünger in der Landwirtschaft verwenden.
Viele Landwirte setzen auf die Biogas-Produktion
Biokraftstoffe
Auch Treibstoff kann aus Pflanzen gewonnen werden, dieser wird oft als Biosprit bezeichnet. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten der Herstellung und Nutzung: Aus Ölpflanzen wie Raps, Soja oder der Ölpalme wird Biodiesel hergestellt – dies geschieht durch eine chemische Reaktion (Umesterung) des Öls mit Alkohol und durch Zugabe eines Katalysators. Dieser Biodiesel kann dem konventionellen Diesel beigemischt werden.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, aus Mais, Getreide, Rüben oder anderen pflanzlichen Rohstoffen Bioethanol zu gewinnen. Bioethanol ist ein Alkohol, der bei der Vergärung der Pflanzen und Pflanzenteile entsteht. Bioethanol kann dem herkömmlichen Benzin beigemischt werden.
Biokraftstoffe werden häufig mit konventionellem Diesel oder Benzin gemischt
Feste Bestandteile
Holz kann in Form von Scheiten oder Pellets verbrannt und so zur Gewinnung von Wärme oder Strom eingesetzt werden. Diese Art der energetischen Nutzung gilt als CO2-neutral bei der Verbrennung. Das trifft aber nur dann zu, "wenn höchstens so viel Holz aus dem Wald entnommen wird, wie im gleichen Zeitraum nachwächst", schreibt das Umweltbundesamt.
Auch Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, betont: "Nur dann kann ich Klimaneutralität herstellen." Klimaneutralität oder Treibhausgasneutralität bedeutet, dass ein Gleichgewicht hergestellt wird zwischen den vom Menschen verursachten Emissionen und dem Abbau dieser Gase – etwa durch Pflanzen, die CO2 für die Photosynthese brauchen.
Am Anfang war das Feuer: Viele moderne Heizungen nutzen Pellets als Energiequelle
Werden also beispielsweise Holzpellets im großen Stil verbrannt und diese möglicherweise noch importiert (wie das laut einer Studie der Europäischen Akademie der Wissenschaften teilweise praktiziert wird), dann ist die Ökobilanz deutlich schlechter.
Nebeneffekt bei Kleinanlagen: Wer zuhause mit Holz heizt, sollte darauf achten, dass der Ofen, Kamin oder Heizkessel mit moderner Anlagentechnik oder einem Filter ausgerüstet ist. Diese Kleinfeueranlagen sind nämlich erheblich für den Feinstaub-Gehalt in der Luft verantwortlich. Feinstaub gilt als gesundheitsgefährdend.
Ende 2020 mussten ältere Öfen, die nicht mehr dem Stand der Technik entsprachen und die geltenden Grenzwerte für Schadstoffe überschritten, stillgelegt oder mit entsprechenden Filtern nachgerüstet werden.
Vorteile Biomasse
Grundsätzlich kann Biomasse vielfältig eingesetzt werden. "Als Treibstoff im Verkehr, zur Erzeugung von Heizwärme in Haushalten, von Prozesswärme in der Industrie und zur Stromerzeugung, wobei die Strom- und Wärmeerzeugung gekoppelt erfolgen kann", so fasst es das Umweltbundesamt zusammen.
Die Nutzung von Biomasse kann somit viele Vorteile haben: Sie bietet eine Alternative zu fossilen Brennstoffen und setzt bei der Verbrennung nur so viel klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) frei, wie bei ihrem Wachstum in der Pflanze gebunden wurde.
Ländliche Gegenden könnten zu wichtigen Versorgern auch mit Energie werden
Biomasse ist nicht davon abhängig, ob gerade der Wind weht oder die Sonne scheint. Und sie kann für Landwirte ein zusätzliches Einkommen generieren und somit die Entwicklung im ländlichen Raum stärken. Schon jetzt findet in vielen ländlichen Gegenden Biomassenutzung statt. "Generell sind erneuerbare Energien eine Möglichkeit, den ländlichen Raum zu stärken", meint Volker Quaschning.
Das gelte besonders für den Ausbau der Biomasse-Nutzung. "Aber wir werden dort auch freie Flächen brauchen für Windräder und Photovoltaik-Anlagen", fügt er hinzu.
Der Energiewirtschaftler Martin Kaltschmitt, Leiter des Instituts für Umwelttechnik und Energiewirtschaft an der TU Hamburg, fasst es so zusammen: "Künftig werden die ländlichen Räume die Städte nicht nur mit Nahrungsmitteln versorgen, sondern auch mit erneuerbarer Energie. Dies gilt insbesondere für Biomasse und elektrische Energie aus Windkraft und Solarstrahlung."
Nachteile Biomasse
Biomasse steht nicht unbegrenzt zur Verfügung – auch, weil die Flächen für den Anbau von Pflanzen für die energetische Nutzung nicht für den Anbau von Nahrungsmitteln zur Verfügung stehen. Daher kann der Anbau von Energiepflanzen zu einem Konflikt führen, der häufig mit den Schlagworten "Tank oder Teller" beschrieben wird.
Dieser Konflikt ist nicht auf die Biomasse-Nutzung hierzulande beschränkt. Steigt die Nachfrage nach Biomasse als klimafreundlicher Alternative zu fossilen Rohstoffen, kann das auch Folgen für die Nahrungs- und Futtermittelproduktion weltweit haben. Die Konkurrenz um Landflächen kann sich verschärfen, davor warnt auch die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina.
Bevölkerungswachstum und steigender Fleischkonsum treiben die Preise für Agrarrohstoffe in die Höhe. Davon können Kleinbauern in Entwicklungs- und Schwellenländern einerseits profitieren. Andererseits besteht die Gefahr, dass sie verdrängt werden, weil beispielsweise auf gerodeten Regenwaldflächen im großen Stil Ölplantagen auch für die Energieerzeugung angebaut werden.
So kann es außerdem zu Verlusten wertvoller Ökosysteme wie Wälder, artenreicher Grünlandflächen oder Moore kommen.
Ein mögliches Problem: Monokulturen, die nicht gut für die Bodenfruchtbarkeit sind
Wenn Regenwälder abgeholzt werden, damit an dieser Stelle Energiepflanzen angebaut werden – also Pflanzen, die speziell für die energetische Nutzung gedacht sind –, beeinflusst dies die Klimabilanz negativ.
Hinzu kommt, dass die Flächen für die Produktion von Nahrungsmitteln wegfallen. "Langfristig führen Bevölkerungszunahme, steigender Fleischkonsum in Schwellenländern, Klimawandel und auch Bioenergie sehr wahrscheinlich zu Preissteigerungen bei Agrarrohstoffen", schreibt das Umweltbundesamt.
Diese Nutzung ist daher nicht immer ökologisch sinnvoll, die Nachhaltigkeit ist umstritten. Das Bundesamt für Naturschutz warnt, dass es schon jetzt in Deutschland Flächenkonkurrenzen gebe.
Maßnahmen, um Probleme zu verhindern
Zwar gibt es in der EU Richtlinien, die vorsehen, dass Biomasse "nicht von Flächen stammen darf, die durch Rodung oder Drainage von Moorböden erschlossen wurden oder die als Grünland mit hoher Biodiversität einzustufen sind", so das Umweltbundesamt.
Dennoch kann es zu sogenannten indirekten Landnutzungsänderungen kommen. Nämlich dann, wenn Bioenergieträger stärker nachgefragt werden. Dort, wo bisher Nahrungsmittel angebaut werden, wachsen dann Pflanzen für die Energieproduktion. Auf den frisch gerodeten Flächen wachsen die Pflanzen für die Lebensmittelproduktion, die dann nicht der "neuen" Nutzung zugerechnet werden. So findet zwar eine Umnutzung statt – hin zu Energiepflanzen. Die ist dann aber konform mit der Richtlinie, die eigentlich so eine Entwicklung verhindern soll.
Zwar kann die Nutzung von Gärresten als Dünger sinnvoll sein. Allerdings warnt das Bundesamt für Naturschutz davor, dass die konzentrierte Verteilung dieser Gärreste auf den Feldern zu einer erhöhten Ansammlung von Nährstoffen kommen kann. Naturschützer warnen vor allem vor zu viel Nitrat, das ins Grundwasser gelangen kann und in vielen Gegenden Deutschlands schon jetzt ein Problem darstellt.
Der Anbau von Energiepflanzen zur Gewinnung von Biogas oder Biosprit kann weitere Nebenwirkungen haben: Weil beispielsweise Mais als besonders effizient gilt, kommt es in einigen landwirtschaftlich geprägten Gegenden vermehrt zu Mais-Monokulturen. Weil die Energieproduktion für viele Landwirte besonders lukrativ ist, steigen entsprechend die Preise für Ackerland.
Wie sinnvoll ist die Nutzung von Biomasse?
"Die Biomasse ist die mit Abstand ineffizienteste Nutzungsform von erneuerbaren Energien", betont Volker Quaschning. Ihr Wirkungsgrad – also die Menge an Energie, die auf einer bestimmten Fläche gewonnen wird – liege bei 0,5 bis 1 Prozent.
Zum Vergleich: Bei Solarmodulen betrage der Wirkungsgrad etwa 20 Prozent, so Quaschning. Wind und Solarenergie, zu dem Schluss kommt auch das Umweltbundesamt, sind bei der Flächeneffizient der Biomasse deutlich überlegen.
Solarmodule nutzen Flächen energetisch deutlich effizienter als Biomasse
Ausbaufähig: Nutzung von Abfall und Reststoffen
Nutzt man allerdings Abfallstoffe zur Energiegewinnung, kann das ökologisch günstige Nebeneffekte haben. Wenn zum Beispiel aus Gülle Biogas gewonnen wird, gewinnt man Energie und die Reststoffe können dann noch als Dünger genutzt werden. Dies ist im Sinne einer Kreislauf- oder auch Kaskadennutzung sinnvoll.
Ähnliches gilt für Grünschnitt aus der Landschaftspflege und Biomüll aus Haushalten und Kantinen. Das Potenzial für diese Art der Energiegewinnung ist zwar nach Angaben des Umweltbundesamtes nicht besonders groß, könnte aber dennoch ein relevanter Baustein sein, wenn wir unser Energiesystem umbauen.
Auch im Abfall steckt noch einiges an Energie
Wie groß ist das Potenzial von Biomasse?
Schon 2007 bescheinigte der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Biomasse ein großes Potenzial. Die Experten warnten aber auch davor, dass die verstärkte Nutzung der Biomasse die oben beschriebenen unerwünschten Nebeneffekte haben könnte. "Der vielfach verbreitete Eindruck, Biomasse könne in absehbarer Zeit einen großen Teil der fossilen Rohstoffe – klimafreundlich – ersetzen, ist wissenschaftlich nicht haltbar", heißt es vom Sachverständigenrat.
Der Sachverständigenrat kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass "mit dem massiven Ausbau der Bioenergie… die Risiken für Boden, Wasser und Biodiversität steigen. Dies kann die gegebenen und angenommenen ökologischen Vorteile biogener Energieträger relativieren".
Wenn wir also Biomasse energetisch nutzen, müssen auch die ökologischen Folgen abgewogen werden. Intensive Landwirtschaft mit Einsatz von Düngemittel, Insektiziden und Pestiziden kann negative ökologische Folgen haben. Um die Natur zu schützen, sollte der Anbau nachhaltig sein – das ist oft teurer.
Daher ist es wichtig, genau abzuwägen, meint auch Manfred Fischedieck vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie: "Wir haben nur ein sehr begrenztes Biomasse-Potenzial, das nachhaltig erschlossen werden kann", betont er. Wie kann man dieses Potenzial am besten einsetzen? Diese Frage müsse man sich immer wieder stellen.
Windenergie wird in der Energiewende eine größere Rolle spielen als Biomasse
Volker Quaschning meint, dass es beispielsweise durchaus sinnvoll sein könne, Traktoren mit Biokraftstoffen zu betreiben: "Weil der Bauer bei der Arbeit nicht mal eben für eine längere Zeit den E-Traktor nachladen kann". In normalen Pkw hingegen hält er den Einsatz von Bio-Kraftstoffen für nicht sinnvoll.
Manfred Fischedieck pflichtet ihm bei: "Da ist der Einsatz einfach nicht effizient. Weil wir für die Pkw mit der E-Mobilität eine viel bessere Alternative haben."
Auch in der Industrie könnte laut Fischedieck Biomasse künftig eine Rolle spielen, wenn für Herstellungsprozesse hohe Temperaturen benötigt werden, die mit elektrischen Prozessen nicht erreicht werden können. Etwa bei der Herstellung von chemischen Stoffen oder Zement.
Das Umweltbundesamt betont, dass der Erfolg der Energiewende "nicht an den Ausbau der Bioenergie gebunden ist". Ihr Potenzial sei zu gering, als dass sie eine entscheidende Rolle beim Umbau in eine klimafreundlichere Energieversorgung spielen könnte, sagt auch Manfred Fischedieck. "Damit die Energiewende gelingt, müssen vor allem Photovoltaik und Windenergie deutlich ausgebaut werden."
UNSERE QUELLEN
- Deutsches Biomasseforschungszentrum: "Stand und Perspektiven der Biogaserzeugung aus Gülle" (PDF)
- Norton, Michael et.al: "Serious mismatches continue between science and policy in forest bioenergy" (November 2019)
- Bundesamt für Naturschutz: "Position des BfN zur energetischen Biomassenutzung"
- Energieagentur NRW: "Bioenergie-ABC"
- Sachverständigenrat für Umweltfragen: "Klimaschutz durch Biomasse" (2007) (PDF)
- Kurzstudie Bundesministerium für Verkehr: "Biomassepotenziale und Nutzungskonkurrenzen" (2013) (PDF)
- Agentur für erneuerbare Energien: "Biomasse"
- Landesamt für Natur-, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRW: "Potenzialstudie Erneuerbare Energien NRW, Teil 3 – Biomasse-Energie" (2014) (PDF)
- Umweltbundesamt (UBA): "Bioenergie"
- Bundesamt für Naturschutz: "Erneuerbare Energien Report" (PDF)
- Leopoldina, Acatech, Union der Deutschen Akademien der Wissenschaften: "Biomasse im Spannungsfeld zwischen Energie- und Klimapolitik" (PDF)
- Umweltbundesamt: "Kaminofen"
(Erstveröffentlichung 2021. Letzte Aktualisierung 01.03.2021)
Quelle: WDR