Der erste Käse entstand wahrscheinlich durch Zufall
Fast überall auf der Welt, wo Tiere Milch geben, wird auch Käse hergestellt, und jeder Käser benutzt sein ganz persönliches Rezept für Herstellung und Reifung.
Doch niemand weiß, wann und wo der erste Käse hergestellt wurde. Es war sicher lange vor unserer Zeitrechnung, vermutlich in Vorderasien oder am Mittelmeer, und der Zufall hatte vermutlich seine Hand mit im Spiel.
Vor mehr als 3000 Jahren wurde zum Beispiel bei Opferzeremonien im alten Mesopotamien den Göttern frische Milch geopfert. Dabei ließen die Priester den Opfertrank einige Zeit stehen, und so entstand dank der Milchsäurebakterien nach einigen Tagen aus der Milch der erste Sauermilchkäse. Irgendwann hat vermutlich einer der Priester von den Göttergaben probiert und so den Wohlgeschmack festgestellt haben.
Es gibt auch Vermutungen, dass bereits in der Steinzeit Jäger im Magen eines gerade erlegten Kalbes eine weiße Masse entdeckten, die äußerst schmackhaft war. Wenn das Tier kurz vor seinem Tod Muttermilch noch getrunken hatte, sorgte ein besonderes Fermentierungsenzym namens Lab im Magen der Jungtieren dafür, dass aus der Milch diese weiße Masse wurde – eine Art Käse.
Jedenfalls aßen die Menschen in den antiken Hochkulturen schon Käse: In seiner "Odyssee" beschreibt der antike Dichter Homer die magischen Kräfte des Käses. Hippokrates, ein berühmter Arzt der Antike, verschrieb Käse als Heilmittel und Ziegenkäse war ein wichtiges Handelsgut der Griechen.
Ziegenkäse war ein kostbares antikes Handelsgut
Auch im alten Rom war Käse nicht vom Speisezettel wegzudenken. Außerdem half eine wichtige Eigenschaft des Hartkäses den Römern bei ihren europaweiten Feldzügen: Hartkäse ist sehr gut und lange haltbar, was ihn zu einem hervorragenden Lebensmittel bei der Versorgung der Legionäre machte.
Klöster und Wissenschaft
Im Mittelalter beschäftigten sich vor allem die Klöster mit der Herstellung von Käse. Sie sammelten die Rezepte der Bauern und schrieben sie auf. So entstand langsam das Handwerk des Käsers (Senners).
Als im späten Mittelalter die Städte größer wurden, wuchs auch der Käsehandel. Der Käse ließ sich problemlos vom Land in die Stadt transportieren, denn er verdarb auch bei längeren Reisen nicht so schnell.
Im 19. Jahrhundert entdeckten dann Wissenschaftler wie Louis Pasteur und Justus Liebig bei ihren Forschungen mit Lab, welche Rolle die Mikroorganismen bei der Käsereifung spielen. Diese Grundlagenforschung führte zur Technisierung des Käsehandwerks und zur Industrialisierung der Käsereiwirtschaft.
Durch seine Forschungen konnte Käse haltbarer gemacht werden: Louis Pasteur
Käseherstellung
Grundlage allen Käses ist die Milch, egal ob von Kuh, Ziege, Schaf oder Yak. Diese Milch wird erhitzt: bei Rohmilchkäse nicht über die Körpertemperaturen der milchspendenden Tiere, bei Industriekäse auf bis zu 75 Grad Celsius (Pasteurisierung).
Der Vorteil dieser extremen Hitzebehandlung liegt auf der Hand: Die Milch wird dadurch fast vollständig entkeimt und somit gesundheitlich unbedenklich. Dieser Vorteil ist aber zugleich der größte Nachteil: Auch alle geschmacksbildenden Enzyme verschwinden aus der Milch. Der Käse wird lange keinen so guten Geschmack besitzen wie ein herkömmlicher Rohmilchkäse.
Jetzt wird die Milch dickgelegt. Je nach dem eingesetzten Mittel erhält man später entweder Sauermilchkäse oder Lab- beziehungsweise Süßmilchkäse. Der Sauermilchkäse wird durch Zugabe von Milchsäurebakterien hergestellt. Der Milchzucker wird zu Milchsäure umgewandelt, und durch die Säure gerinnt das Milcheiweiß. Schon ist der Käse fertig. Hauptvertreter dieser Käsegattung sind der Quark und der Frischkäse.
Der weitaus größere Anteil des Käses wird durch Hinzufügen von Lab gewonnen. Dieses früher aus Kälbermägen, heute oft schon gentechnisch gewonnene Enzym lässt das Milcheiweiß gerinnen. Die so dickgelegte Milch wird nun mittels einer Käseharfe zerkleinert. Die festen Bestandteile nennt der Käser "Bruch", die flüssigen "Molke".
Mit der Käseharfe wird der Bruch zerkleinert
Je mehr der Käser mit der Käseharfe den Bruch zerkleinert, desto mehr Molke wird herausgepresst und entsprechend fester wird später der Käse. Immer wieder prüft der Käser die Größe des Bruchs bis ihm seine Erfahrung sagt, dass der Bruch optimal für die gewünschte Käsesorte ist.
Nun wird der Käse in die Form gebracht. Bei großen Käsen, zum Beispiel Emmentalern, wird der Bruch mit einem großen Leintuch aus dem Kessel gehoben. Das trennt ihn endgültig von der Molke. Die Masse wird dann in die Form verbracht.
Kleine Käse, wie zum Beispiel der Camembert, werden von Hand abgeschöpft und in spezielle, gelochte Förmchen gegeben, aus denen der verbliebene Flüssigkeitsrest abfließen kann. Schließlich kann der Bruch auch unter Druck ausgepresst und geformt werden. Letztere Methode herrscht bei der industriellen Fertigung von Käse vor.
Nach einiger Zeit wird der Käse gesalzen. Meist kommt der Käselaib dazu in ein Salzbad oder wird von Hand mit Salz eingeschmiert, manchmal, wie beispielsweise beim englischen Cheddar, wird schon der Bruch gesalzen. Das Salz gibt dem Käse Geschmack, entzieht dem Laib weitere Molke, konserviert und fördert die Rindenbildung.
In der Reiferei verbingen die Käselaibe oft mehrere Monate
Schließlich wird der Käse gereift: Dazu lässt man ihn in erster Linie in Ruhe. Je nach Sorte kann das Jahre dauern. Ein Weichkäse ist dagegen schon nach einer Woche verkaufsreif.
Entscheidend für die Geschmacksbildung ist die besondere Atmosphäre im Reifekeller. Hier muss alles stimmen: Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftaustausch. Der Affineur, also der Käsereifer, sorgt für die richtigen Bedingungen. Er kümmert sich auch um die weitere Oberflächenbehandlung, denn der Käse muss regelmäßig gewendet, gebürstet und mit Salzlake beschmiert werden.
Erst diese Arbeit, die mit großer Geduld und Fachkenntnis ausgeführt werden muss, bringt dem Käse seinen typischen Charakter und seine besonderen Merkmale wie Aussehen, Geschmack, Aroma und Bekömmlichkeit.
Die acht Käsefamilien
Käseverfeinerer unterscheiden acht verschiedene "Käsefamilien":
1. Frischkäse: Erfrischend und mild zugleich – so schmeckt diese Käsesorte. Bekannte Vertreter sind Quark, Ricotta und Mozzarella.
2. Weichkäse mit Außenschimmel: Gute Sorten sind handgeschöpft und gewinnen so eine zarte und sahnige Konsistenz. Zum Beispiel: Camembert, Brie de Meaux und Formagella.
3. Käse mit gepresstem Teig: Die Konsistenz dieser Käse reicht von halbfest bis fest. Der Käser erreicht sie mithilfe mechanischen Pressens unmittelbar nach dem Formen. Berühmt führ ihren Geschmack sind vor allem Gouda, Appenzeller und Tête de Moine.
Berühmtheit aus den Niederlanden: der Gouda
4. Käse mit nachgewärmtem und gepresstem Teig: Bis zu zwei Jahre reifen diese Stinker. In dieser Zeit entwickeln sie einen ausgeprägten Geschmack nach Kräutern oder Nüssen. Bekannte Sorten sind beispielsweise Parmigiano Reggiano, Greyerzer und Emmentaler.
5. Ziegenkäse: Für guten Ziegenkäse sollten die Tiere natürliches Futter bekommen. Der Erzeuger sollte die Milch unmittelbar verarbeiten, nachdem er die Ziegen gemolken hat. Dann entsteht ein milder, haselnussartiger Geschmack. Wichtige Mitglieder der Familie sind der Tomme de Chèvre aus Frankreich sowie der Ibores aus Spanien.
6. Käse aus Schafsmilch: Guter Schafskäse sollte rein und aromatisch schmecken. Er kommt vor allem aus den Ländern am Mittelmeer. Prominente Vertreter sind der Pecorino aus Italien, Manchego aus Spanien und der korsische Le Fiumorbo. Es gibt aber auch Sorten, die aus Deutschland kommen, etwa der Isartaler Schafskäse aus Oberbayern.
Toskanischer Hartkäse aus Schafsmilch: Pecorino
7. Weichkäse mit gewaschener Rinde: Käse dieser Sorte wäscht der Käseverfeinerer, der Affineur, regelmäßig mit Salzwasser. Zudem gibt er Bier, Wein oder Cidre hinzu. Bekannt sind vor allem Munster, Vacherin und Reblochon.
8. Käse mit Innenschimmel: Hier entsteht der intensive Geschmack durch einen Edelschimmel, der mehrere Monate ausreifen muss. Zu dieser Sorte zählen unter anderem Roquefort, Gorgonzola und Stilton.
Roquefort – der Geschmack entsteht durch blauen Edelschimmel
Sind Rohmilchkäse gefährlich für die Gesundheit?
Immer wieder tauchen Presseberichte auf, in denen auf die Gefahr einer Listerieninfektion durch Rohmilchkäse eingegangen wird. Listerien sind eine Bakterienart. Ist Rohmilchkäse aus handwerklicher Herstellung tatsächlich gefährlicher als Käse aus pasteurisierter Milch?
Die Frage lässt sich wohl nicht mit einem klaren Ja oder Nein beantworten: Einerseits muss man feststellen, dass die Gefahr eines Listerienbefalls bei Rohmilchkäse immer gegeben ist. Andererseits lässt sich dieses Risiko bei Einhaltung der hygienischen Rahmenbedingungen während der Käseherstellung weitgehend minimieren.
Daneben muss bemerkt werden, dass auch auf Käsen aus pasteurisierter Milch Listerienbefall auftreten kann. Tatsächlich haben Untersuchungen des renommierten Wissenschaftszentrums Weihenstephan der Technischen Universität München ergeben, dass bei 140 Proben insgesamt zweimal soviel Lysterien auf Käsen aus pasteurisierter Milch auftraten wie auf Rohmilchkäsen. Auch hier müssen also die strengen Hygienevorschriften beachtet werden.
Generell ist der Genuss von mit Listerien befallenen Käsen übrigens unbedenklich. Gefahren können aber bei Schwangeren und Immungeschädigten auftreten. Diese Risikogruppen sollten Käse meiden. Wenn sie aber gar nicht auf Käse verzichten wollen, dann bitte nur zu Hartkäsen greifen und unbedingt die Rinde abschneiden. Denn auf (Hart-)Käsen treten 90 Prozent der Listerien nur in der Rinde auf.
Schwangere sollten Rohmilchkäse lieber meiden
(Erstveröffentlichung 2004, letzte Aktualisierung 13.09.2019)
Quelle: SWR