Gibt es in Deutschland freilebende Papageien?
Fossilienfunde haben gezeigt: Vor etwa 50 Millionen Jahren, im Erdzeitalter des Eozän, lebten Papageien in Hessen. Ihre Überreste finden sich heute in den Sedimenten der Grube Messel bei Darmstadt.
Auch aus dem sogenannten Miozän (vor rund 29 Millionen Jahren) fanden sich Papageienknochen in Frankreich und der Bundesrepublik. Danach galt Europa lange als der einzige Kontinent, auf dem keine freilebende Papageienart mehr zu finden war. Nur in Privathaltungen, Vogelparks oder Zoos konnte man die bunten Vögel bestaunen.
Doch das änderte sich vor ein paar Jahrzehnten. Mittlerweile konnten sich auch in Deutschland wieder Papageienpopulationen etablieren, die nach der Flucht oder der Freilassung einiger Tiere aus Gefangenschaft entstanden waren.
Die Papageien haben in Deutschland eine ökologische Nische gefunden. Sie haben hier kaum Feinde, stehen aber in Konkurrenz zu heimischen Vogelarten. Diesen nehmen sie Brutplätze und Nahrung weg. Aufgrund der Größe und Vielzahl der auftretenden Papageien haben heimische Einzelgänger wie Specht oder Kleiber keine Chance gegen sie.
Kleiber haben es schwer gegen die Sittiche
Mittlerweile gibt es etwa zehn verschiedene Papageienarten. Am stärksten vertreten ist der Halsbandsittich, dicht gefolgt von der Gelbkopfamazone, dem Mönchsittich und dem Großen Alexandersittich.
Halsbandsittiche und Gelbkopfamazonen haben freilebend bereits mehr als drei Generationen hervorgebracht und sind deshalb schon fast als heimisch zu bezeichnen. Sie leben in kleinen Kolonien von mehreren hundert Tieren vor allem in Städten wie Düsseldorf, Bonn, Köln oder Hamburg.
In den Parks finden sie bevorzugt in Platanen geeignete Nistplätze. Meist beziehen sie hier verlassene Spechtbauten oder natürliche Baumhöhlen. Auch im Winter kommen die Tiere, die ursprünglich aus Afrika und Asien stammen, hier wunderbar zurecht.
Halsbandsittiche sind vorwiegend Vegetarier. Sie fressen im Frühjahr Knospen, Triebe, Blätter und knabbern an Blüten. Im Sommer und Herbst ernähren sie sich von Früchten und Samen.
Sehr zum Ärger vieler Schrebergarten-Besitzer gehen die Sittiche sehr verschwenderisch mit ihrer Nahrung um und lassen nicht selten die Hälfte einfach auf den Boden fallen. Ein kleiner Apfelbaum ist so schon mal sehr schnell abgeerntet.
Im Winter finden sich genug Vogelfreunde, die den Sittichen mit Körnern, Erdnüssen oder Meisenknödeln über die Runden helfen.
In England haben sich entwischte Halsbandsittiche bereits seit den 1930er-Jahren vermehrt. Mittlerweile sind sie fast in jedem europäischen Land zu finden. Wie groß der Bestand an den kleinen Papageien in Europa tatsächlich ist, lässt sich nicht genau sagen. In Deutschland schätzt man die Anzahl der Halsbandsittiche auf mehrere zehntausend Tiere.
Halsbandsittiche in Düsseldorf
Durch die starke Zunahme der Population sehen Naturschützer aber auch Gefahren. Halsbandsittiche können große Schäden an Gebäuden und in der Landwirtschaft anrichten. Vor allem Weinbauern befürchten bei einer weiteren Ausbreitung der Vögel Ernteeinbußen.
Manche Städte denken sogar über einen kontrollierten Abschuss der Sittiche nach. Eine bessere Methode wäre stattdessen die Ansiedlung von Habichten und Wanderfalken. Die beiden Greifvogelarten haben in den vergangenen Jahren bereits Geschmack an den Neubürgern gefunden.
(Erstveröffentlichung: 2004. Letzte Aktualisierung: 25.03.2020)
Quelle: WDR