Ausdehnung des römischen Reiches
Planet Wissen. 00:25 Min.. Verfügbar bis 04.06.2029. WDR. Von ZDF/Terra X/ Gruppe5/Sabine Klauser/Sebastian Martinez/Jochen Schmidt, https://terraxplaincommons.zdf.de.
Antike
Das antike Rom
Viele Einflüsse und Bauherren prägten das Bild des antiken Rom. Die Etrusker und Griechen zum Beispiel brachten ihre Kultur, Baukunst und Philosophie in die Stadt. Und die unterworfenen Territorien zahlten Abgaben, um die Stadt zu finanzieren.
Von Bärbel Heidenreich
Stadtgründung aus politischem Kalkül
"Sieben-fünf-drei: Rom kroch aus dem Ei" heißt der Merksatz aus dem Geschichtsunterricht. Gemeint ist das Gründungsdatum von Rom im Jahr 753 vor Christus. Archäologische Forschungen belegen aber, dass erste Siedlungen schon im 10. Jahrhundert vor Christus auf zwei der sieben Hügel Roms entstehen.
Zuerst auf dem Palatin und dem Esquilin. Das Gebiet dazwischen ist sumpfig. 200 Jahre später wird ein weiterer Hügel bebaut: das Kapitol. Aus der Anhäufung ärmlicher Bauernhütten entsteht bis Mitte des 8. Jahrhunderts vor Christus schließlich eine kleine, mit Mauern befestigte Stadt.
Die Entwicklung zur Stadt ist allerdings nicht, wie es in der Legende heißt, auf Romulus zurückzuführen. Er spielt als erster römischer Herrscher wahrscheinlich keine Rolle. Es sind die Etrusker, die zu dieser Zeit über Mittelitalien herrschen und Rom zum strategischen Mittelpunkt Mittelitaliens ausbauen. Sie gestalten die Stadt nach eigenem und nach griechischem Vorbild.
Die etruskischen Herrscher bauen die sogenannte "Cloaca maxima", ein Kanalisationssystem, um das Sumpfgebiet zwischen den Hügeln trockenzulegen, und legen zu dieser Zeit schon den Hauptplatz der Stadt an, das spätere Forum Romanum. Es wird zum Ort der Heiligtümer, der Versammlungen und der Rechtsprechung.
Zivilisation vor den Römern: Die Etrusker
Zentrum des Römischen Reiches
Auch in den nächsten Jahrhunderten wird die Stadtentwicklung nicht wie anderswo durch das Handwerk und den Handel bestimmt, sondern durch die Politik. Rom ist eine größtenteils repräsentative Stadt, finanziert durch Kriegsbeute und Tribute.
Das ändert sich auch nicht mit der Vertreibung des letzten etruskischen Königs Tarquinius Superbus um 510 vor Christus. Rom wird nun Republik: Konsulat, Senat und Volksversammlungen bestimmen für Jahrhunderte die Politik.
Durch eine systematische Expansionspolitik werden immer mehr Gebiete in Italien unterworfen. Die Stadt Rom ist dabei der politische, gesellschaftliche und kulturelle Mittelpunkt eines immer größer werdenden Römischen Reiches.
Für den Ausbau der Metropole aber fließen die Gelder nach wie vor aus den unterworfenen Gebieten. Im Jahr 433 vor Christus wird auf dem Marsfeld der Apollo-Tempel errichtet und unterhalb des Palatin der Circus Maximus, zunächst noch als eine große Wiese, die von hölzernen Tribünen umrahmt ist.
Das Straßennetz wird ausgebaut: Die Via Sacra, an der man bis dahin die Toten bestattet hat, wird bis zum Forum Romanum weitergeführt und endet am Kapitol. Als Achse verbindet sie nun die wichtigsten Stadtzentren.
Wichtigste Fernstraße der römischen Antike: Via Appia
Das Forum Romanum wird zum Mittelpunkt der sternförmigen Ausfallstraßen. Die berühmteste, die Via Appia, führt Richtung Südosten bis ins heutige Apulien. 312 vor Christus wird das erste, 17 Kilometer lange Aquädukt gebaut. Ein Großteil der Bevölkerung wird jetzt mit frischem Quellwasser versorgt statt wie bisher mit dem verschmutzten Wasser des Flusses Tiber.
Ein einheitliches römisches Stadtbild gibt es nicht, es ändert sich laufend. Die Stadt wird ständig saniert, alte Bauwerke werden abgerissen oder einfach überbaut. Die "Ewige Stadt", wie Rom bis heute genannt wird, ist in der Antike einer stetigen Modernisierung unterworfen.
Straßen, Brücken, Häfen und Kunstraub
Um 270 vor Christus wächst die politische und wirtschaftliche Bedeutung Roms. Das zeigt sich im Bau neuer Anlagen und Gebäude. Auf dem Kapitol wird der Tempel der Juno Moneta mit einer Prägewerkstatt für Münzen errichtet.
Unbefestigte Straßen werden gepflastert und Brücken über den Tiber gebaut. Markthallen werden errichtet. Ein Staatsarchiv, das sogenannte Tabularium, entsteht auf dem Forum Romanum. Am Forum Boarium wird ein Handelshafen ausgebaut und am Marsfeld ein Kriegshafen.
Repräsentative Gebäude werden von griechischen Architekten gebaut, wie zum Beispiel der erste Tempel aus Marmor, der den Göttern Jupiter Stator und Juno Regina gewidmet ist.
Da man den heimischen Marmor bei Carrara noch nicht entdeckt hat, importiert man das edle Material auf dem Seeweg aus dem eroberten Griechenland. Bei dieser Gelegenheit werden gleich etliche griechische Kunstwerke nach Rom verschleppt. Zum Wiederaufbau des ausgebrannten Jupiter-Tempels auf dem Kapitol werden sogar die Originalsäulen des Olympion aus Athen entwendet.
Rekonstruktion des Kapitols mit Jupiter-Tempel
Mietskasernen, Zweck- und Prachtbauten
Mit den Eroberungen in Griechenland und Kleinasien wächst die Stadt um 200 vor Christus rapide an. Erste Mietskasernen entstehen. Hundert Jahre später plagen bereits sanitäre und verkehrstechnische Probleme die Stadt. Dazu kommen Brände, Hungersnöte, Überschwemmungen des Tiber und Wohnungsknappheit. Bau- und Mietspekulation verschlimmern die Situation.
Der römische Kaiser Julius Cäsar versucht Mitte des ersten Jahrhunderts vor Christus, die Probleme durch Gesetze zu lösen. Pflasterung, Reparatur und Reinigung der Straßen werden geregelt. Die Nahrungsmittelversorgung wird sozial gerecht verordnet. Geringe Mieten werden für ein Jahr gestrichen, Mietzinsen generell gesenkt.
Julius Cäsar
01:41 Min.. UT. Verfügbar bis 27.09.2027. Von Franziska Schwarck, Claudio Como.
Die Verherrlichung der eigenen Person kommt bei so viel Sozialengagement nicht zu kurz. Feldherren wie Sulla, Pompeius und Cäsar lassen ihre Ruhmestaten durch repräsentative Prachtbauten verewigen.
Cäsar lässt zum Beispiel neben dem Forum Romanum ein großes Gelände aufkaufen, um dort sein "Forum Julianum" zu bauen. Diese sogenannten Kaiserforen werden Tradition. Am prächtigsten erscheint das Forum des Trajan, das als letztes Kaiserforum 143 nach Christus fertig gestellt wird.
Stadtsanierung nach Cäsarenart
In der Regierungszeit von Kaiser Augustus zwischen 31 vor und 14 nach Christus soll die Stadt ein neues Gesicht bekommen. Der Kaiser reformiert die Verwaltung der Stadt, indem er sie in 14 Stadtviertel gliedert.
Eine Berufsfeuerwehr wird aufgestellt und eine Wachtruppe von mehreren tausend Mann. Der Tiber wird reguliert, um die Überschwemmungsgefahr zu bannen.
Die sanitären Verhältnisse werden verbessert: Es entstehen erste öffentliche, beheizte Thermen. Für die geistige Bildung werden öffentliche Bibliotheken eingerichtet. Die Gebäudehöhe der Mietskasernen wird auf 20 Meter begrenzt. Schlachtvieh darf nur nachts durch die Straßen getrieben werden, um Verkehrsstaus zu verhindern.
Auch privater Wagenverkehr ist tagsüber verboten. Nur Baumaterial für öffentliche Gebäude darf transportiert werden. Der Circus Maximus wird im ersten Jahrhundert nach Christus erweitert. Jetzt bietet er rund 250.000 Zuschauern bei Pferde- und Wagenrennen Platz. Ab 80 nach Christus können Gladiatorenkämpfe im Kolosseum auf rund 50.000 Plätzen verfolgt werden.
Das Kolosseum – ein Prachtwerk aus römischem Beton
Kaiser Augustus rühmt sich, eine Stadt aus Lehmziegeln vorgefunden, aber eine aus Marmor hinterlassen zu haben. Tatsächlich lässt er 82 vorhandene Tempel restaurieren und mit Marmor verkleiden, aber der größte Teil der Bebauung ist nach wie vor aus Holz, wie der römische Geschichtsschreiber Publius Cornelius Tacitus berichtet.
Der Vorteil: Holz sei leicht zu beschaffen, zu transportieren und zu bearbeiten. Der Nachteil: Holz brenne schnell und die Brände dehnten sich rasch aus. Denn die Mietskasernen sind nur in den unteren Etagen aus Stein gebaut, mit Anschluss an das Wasser- und Kloakensystem. Die oberen Stockwerke sind aus statischen Gründen in leichter Holzbauweise daraufgesetzt. Man lebt in ständiger Feuergefahr.
Und tatsächlich brennt Rom im Jahr 64 nach Christus lichterloh. Bis heute halten sich Gerüchte, wonach der damalige Kaiser Nero selbst die Stadt in Brand gesteckt habe oder den Befehl zur Brandstiftung gegeben habe. Sechs Tage lang steht die Stadt in Flammen. Von den 14 Stadtvierteln werden drei bis auf den Grund zerstört, sieben werden zu Brandruinen.
Neros angeblicher Hintergedanke: Er habe die Stadt nach eigenen Plänen neu gestalten und dabei für mehr Sicherheit sorgen wollen. Tatsächlich ordnet Nero nach dem Brand die Verbreiterung der Straßen an, schreibt die Verwendung von feuerfesten Baustoffen und die Einhaltung von Häuserabständen vor.
Rom in Brand im Jahr 64 nach Christus
Bestandsaufnahme öffentlicher Einrichtungen
In der Zeit von Kaiser Konstantin, also von 306 bis 337 nach Christus, hat Rom seine größte Ausdehnung erreicht. Es gibt elf Aquädukte mit einer täglichen Kapazität von mehr als einer Million Kubikmetern Wasser. Bei rund einer Million Einwohner ist das ein täglicher Pro-Kopf-Verbrauch von mehr als 1000 Litern: genutzt für 1352 öffentliche Wasserstellen, 856 kleine Bäder und elf Thermen.
Es gibt 254 Großbäckereien, 290 Lagerhäuser, 1790 private Wohnhäuser, 46.602 Mietshäuser, acht große Plätze, elf Foren, acht Brücken, 190 Getreidespeicher, 254 Mühlen, 28 öffentliche Bibliotheken, 22 Zirkusanlagen, zwei Amphitheater, drei Theater, 36 Triumphbögen und 46 Bordelle.
Römisches Mietshaus aus dem ersten Jahrhundert nach Christus
Doch Rom hat längst nicht mehr die politische Bedeutung wie zur Zeit von Kaiser Augustus. Die Dekadenz der oberen Schichten, innenpolitische Machtkämpfe und zahlreiche selbstsüchtige oder schwache Kaiser haben die Stadt heruntergewirtschaftet. Spätestens als Kaiser Konstantin im Jahr 330 seine Residenz nach Konstantinopel (das heutige Istanbul) verlegt, beginnt der Niedergang der antiken Weltmetropole.
Öffentliche Latrine am Rande des Forums
(Erstveröffentlichung 2006. Letzte Aktualisierung 22.06.2021)
Quelle: WDR